Wie funktioniert ein Mikrowellenherd
Ein Mikrowellenherd ist ein komisches Ding. Man stellt einen Teller mit dem Mittagessen hinein und das Mittagessen wird warm, der Teller und die Wände der Mikrowelle aber nicht. Das ist ja doch irgendwie komisch. Woher weiß denn die Mikrowelle, was ich gerne aufwärmen würde und wie kann sie selektiv nur das warm machen, ohne den Teller zu erhitzen? Natürlich ist nach einiger Zeit auch der Teller nicht mehr kalt, da er ja in direktem Kontakt mit meinem Mittagessen steht und dann durch dieses aufgewärmt wird. Eine direkte Erwärmung des Tellers erfolgt jedoch nicht. Da die Luft im inneren der Mikrowelle, anders als beispielsweise im Backofen, ebenfalls nicht erwärmt wird, stellt sich auch die Frage, wie eigentlich die Wärme aus dem Gerät in das Zeug auf dem Teller kommt, ohne dazwischen zu sein. Wie durchquert die Wärme die Luft zwischen der Gerätewand und dem Mittagessen und wie kommt sie überhaupt in die Mikrowelle, denn auch die Innenwände der Mikrowelle erwärmen sich ja nicht.
Die naturwissenschaftliche Grundlagen
Vor der Erfindung des Mikrowellenherdes bezeichnete der Begriff Mikrowelle den Teil des elektromagnetischen Spektrums mit Wellenlängen etwa zwischen 1m und 1 mm. Das bedeutet: Bei der Mikrowelle handelt es sich um eine elektromagnetische Welle ähnlich dem Licht aber mit größerer Wellenlänge. An das Aufwärmen von Mittagessen hat damals noch niemand gedacht. Im Mikrowellenherd benutzt man zum Erwärmen elektromagnetische Strahlung mit einer Frequenz von 2,45 GHz (Gigahertz, 2.450.000.000 Hz) bzw. einer Wellenlänge von etwa 12,2 cm. Genau die gleiche "Strahlung" benutzen übrigen auch einige Mobilfunknetze, WLAN oder Bluetooth um Daten zu übertragen.
Um nun durch die Energie dieser Strahlung irgendetwas zu erwärmen, muss die Strahlung mit der Materie des Essens eine Wechselwirkung eingehen. Die Strahlung muss dabei von dem Gargut aufgenommen, d.h. absobiert werden. Die Wechselwirkungen, die elektromagnetische Strahlung mit Materie eingehen kann, hängt dabei sehr stark von der Energie einer Lichtwelle bzw. eines Photons (einer Lichtportion) ab. Im Mikrowellenbereich können bei Zusammenstößen von Photonen mit Molekülen normalerweise weder Schwingungen noch Elektronen angeregt werden, da dazu die Energie eines Photons nicht ausreicht. Mikrowellen sind aber in der Lage, bei der Kollision mit Materie ihre Energie in Form von Rotationsenergie auf die Materie zu übertragen, d.h. das getroffene Molekül dreht sich nach dem Zusammenstoß (schneller) und das Photon büßt dabei seine Energie ein und wird demzufolge bei dem Zusammenstoß vernichtet. Damit allerdings die Energie der Welle als Rotationsenergie auf das getroffene Teilchen übertragen werden kann, muss dieses ein permanentes Dipolmoment besitzen, d.h. das Molekül braucht ein positiv und ein negativ geladenes Ende. Nur dann kann es mit der Welle in Wechselwirkung treten und die Energie des Photons absorbieren. Das bedeutet, das beispielsweise einzelne Atome keine Wechselwirkungen mit Mikrowellen eingehen, da ein Atom kein Dipolmoment besitzt. Auch Stickstoff und Sauerstoff besitzen kein permanentes Dipolmoment und können deshalb die Energie der Strahlung nicht absorbieren. Deshalb wird die Luft nicht warm. Das gleiche gilt für Keramiken und Porzellan, da es sich hierbei um eher ionische Verbindungen handelt, in denen es keine Moleküle gibt, die zu Rotationen angeregt werden könnten. Wasser, das in den meisten Nahrungsmitteln in erheblichen Mengen vorhanden ist, ist dagegen ein recht starker Dipol und ist demzufolge sehr gut in der Lage die Energie der Photonen zu absorbieren und in Molekülrotationen umzusetzen.
Wärme ist Teilchenbewegung
Die Überschrift nimmt es eigentlich schon vorweg. Materie speichert Wärme, indem sich die Atome bzw. die Moleküle stärker bewegen. Diese Bewegung kann dabei entweder die Schwingung um die Ruhelage sein (z. B. bei Feststoffen), eine Molekülschwingung, eine Bewegung mit großer Geschwindigkeit durch den Raum (Translation, nur Gase und Flüssigkeiten) oder die Rotation von Molekülen. Nur dadurch werden Stoffe als warm empfunden. Andere Formen der Wärme in Materie sind nicht möglich. Zwar gibt es die Wärmestrahlung, ebenfalls elektromagnetische Strahlung, aber diese ist nicht an Materie gebunden und wird auch von uns nur wegen der Verstärkung der Teilchenbewegung im Meßgerät (z. B. dem Thermometer oder unserer Haut) als Wärme empfunden.
Wenn nun also durch Mikrowellen Dipolmoleküle wie etwa das Wassermolekül zu Rotationen angeregt werden, dann bedeutet das, dass sich das Wasser erwärmt, da sich die Teilchen stärker bewegen. Von dem Wasser kann die durch die Wechselwirkung mit der elektromagnetischen Strahlung aufgenommene kinetische Energie durch Zusammenstöße mit anderen Teilchen nun gleichmäßig über alle Materie (also auch den Teller) verteilt werden. Dieser Verteilungsprozess ist allerdings vergleichsweise langsam und dauert eine gewisse Zeit, weshalb man größere Portionen in der Mikrowelle zwischendurch immer mal umrühren sollte.
Funktionsweise des Mikrowellenherdes
Der Mikrowellenherd besitzt als wichtigstes Bauelement eine Senderöhre für Mikrowellen, die Mikrowellen mit einer Frequenz von 2,45 GHz abstrahlt. Die Sendeleistung liegt bei einigen hundert Watt. Ein Handy darf die gleiche Strahlung mit maximal 2 Watt Sendeleistung aussenden. Meistens liegt die Sendeleistung eines Handys aber noch deutlich darunter. Man braucht also mehrere Hundert Handys, um eine Suppe zu kochen. Um die Mikrowellen gleichmäßig im gesamten Garraum zu "verteilen" werden sie
- an den Wänden und der Tür und
- an einem sich drehenden Reflektorflügelrad
reflektiert. Zusätzlich besitzen viele Mikrowellenherde einen Drehteller, um eine noch gleichmäßigere Erwärmung zu erreichen. Da Mikrowellen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht sofort an der Oberfläche des Gargutes in geeigneter Weise auf ein polares Molekül treffen, dringen sie ein Stück in das Lebensmittel ein und Erwärmen so die Lebensmittel auch von innen und nicht nur von außen nach innen, wie dies ein gewöhnlicher Herd nur kann. Beim Zusammenstoß einer Mikrowelle mit einem polaren Molekül kann es dann zu einer Energieübertragung und damit zu einer Erwärmung des Mittagessens kommen. Da diese Energieübertrag nur mit Dipolmolekülen wie etwa Wasser funktioniert, nicht aber mit Keramiken, Porzellan, Glas oder vielen Kunststoffen (einige können sich in der Mikrowelle sehr stark erwärmen und sogar schmelzen, Herstellerangaben zur Mikrowellentauglichkeit beachten) erwärmt sich nur das Mittagessen und nicht der Teller.
Vorteile, Nachteile und Risiken der Mikrowellenherde
Die Vorteile des Mikrowellenherdes sind vor allem ökologischer Art. Bei einem konventionellen Herd werden neben dem Kochgut noch die Herdplatte oder der Innenraum des Backofens und das Gefäß, in dem sich das Kochgut befindet erwärmt. Diese "sinnlose" Erwärmung verbraucht recht viel Energie, die eigentlich verschwendet ist, denn was habe ich von einem heißen Topf, wenn ich eigentlich nur die Kartoffeln kochen will. Deshalb kann insbesondere, wenn nur kleine Portionen erhitzt werden müssen, der Mikrowellenherd helfen Energie zu sparen. Außerdem dauert natürlich diese sinnlose Erwärmung einige Zeit, so dass man auch einiges an Zeit (und Abwasch, da man ja keinen Topf braucht) spart.
Zu den Nachteilen zählt wohl vor allem, das die Zubereitung von "knusprigen" Lebensmittel, wie Hähnchen oder Pommes nur mit erheblichem Aufwand möglich ist. Da die Mikrowellen nicht zu einer so starken Erhitzung führen, dass die Lebensmittel braun und knusprig werden. Die meisten Dinge werden einfach nur heiß (und trocken). Ein weiterer Nachteil ist vermutlich die vergleichsweise schlechte Dosierbarkeit der Mikrowellen. Viele Mikrowellenherde kennen nur wenige Stufen und ein langsames Garen ohne Austrochnung ist schwieriger als auf einem konventionellen Herd, zumal man nicht mal eben zur besseren Verteilung der Wärme umrühren kann.
Die Risiken der Mikrowelle werden oft überbewertet. Die Lebensmittel speichern keine Strahlung und die Strahlung an sich ist auch vergleichsweise harmlos (zumindest weiß man bislang nichts anderes). Zwar ist die recht hohe Energiedichte im Inneren des Mikrowellenherdes gefährlich für Mensch und Tier aber bei einer modernen Mikrowelle gelangt von dieser Strahlung fast nichts nach außen und nach dem Ausschalten ist auch keine "Reststrahlung" vorhanden. Wenn also die Dichtung, die Tür und das Gehäuse nicht mechanisch beschädigt werden, tritt keinerlei schädliche Strahlung aus und selbst wenn mal was undicht sein sollte, sind die Mikrowellen nicht übermäßig gefährlich. Trotzdem sollte man eine defekte Türdichtung oder einen Sprung in der Scheibe immer sofort von einem Fachmann reparieren lassen und das Gerät bis dahin nicht benutzen.
Außerdem leisten Mikrowellenherde, wie alle Elektrogeräte, ihren Beitrag zum Elektrosmog, über dessen Gefährlichkeit sich die Geister ja noch streiten und ich auch nichts genaues weiß.